Die  Einführung des Privatfernsehens 1984 in Deutschland und der  nachfolgende Paradigmenwechsel von Qualität und Bildungauftrag zu Quote und Profit war – zumindest in der Rückschau – auch einer der Gründungsmotive des VideoFestes. Videokunst dieser Zeit verstand sich wesentlich als Dekonstruktion der neuen, werbenden, schreiend bunten Bilderflut. Doch die Privatisierung des Fernsehens war natürlich nur Teil eines größeren gesellschaftlichen Umbaus, die allgemein als Neoliberalisierung bezeichnet wird. Dafür reichte es nicht, das Finanzkapital durch Gesetzesänderungen von seinen "Fesseln" zu befreien, auch die Einstellung der Menschen musste an das neue System angepasst werden. Die Schulung (VideoFilmFest '88) zeigt in quälend langsamer Beobachtung, wie dieser  peinliche Prozess im Detail ablief. 2008 ist der gesellschaftliche Umbau schon längst abgeschlossen. Der Neoliberalismus schlittert in seine erste große Krise, ein Banker ist Bundespräsident. In dieser Eigenschaft besucht er eine Kunsthochschule, dokumentiert in  Führung. Kunst, Philosophie und Kapital bemühen sich nach Kräften, eine gemeinsame Sprache zu finden.

Die Schulung – Indoctrination, Harun Farocki, de 1987, 44 min

Führung – Guided Tour, René Frölke, de 2011, 37 min

(Image: "Die Schulung" © Harun Farocki, 1987)