ALEXANDER HAHN Werkschau
ALEXANDER HAHN Werkschau
Anstelle einzelner Bandbeschreibungen hier ein Text zur Arbeit Dirt-Site, der stellvertretend für weite Bereiche seines Werkes stehen kann.
Das Video 'Dirt Site' beginnt mit dem rhythmischen Drehen eines Ventilators, das bis zum Schluß anhält, eher schon wie etwas Organisches als etwas Mechanisches. Jedes Bild löst sich im nachfolgenden auf, ohne sichtbare Schnitte. Das Band kann so als ein einziges Bild der Verwandlung gelesen werden; im Fluß der Zeit, schneller und wieder langsamer werdend, wie Wasserfälle, die in Becken fließen und durch Spalten weiterstürzen. Hahns vorherige Arbeiten wie 'Aerial Stills' und 'Viewers of Optics' erforschten bereits gleich psychologischen Seismographen 'die urbane/technologische Umwelt' unserer Gegenwart. 'Dirt Site' durchbricht ihre zersplitterte und kodifizierte Erscheinungsebene und beschwört eine darunter liegende prähistorische, tropische Landschaft unserer Vergangenheit herauf: eine Devolution vom Neo-Cortex zum Gehirn des Reptils. Das Wiederaufleben der Welt der Mineralien mit ihren Verkalkungen und Fossilen organischer Materie ist ein Anzeichen der Zukunft und der schleichenden Verheerungen, die mit der Zeit und der Entropie einhergehen. Der Text von 'Dirt Site' verarbeitet gnostische Interpretationen der Genesis (10. Jhdt. Bogomils, das Buch Adams) und Fallstudien von Nekrophilie. Als drittes Element kommt die eigene 'Fiktion' Hahns dazu. Wie in 'Viewers of Optics' sprechen verschiedene Persönlichkeiten aus einer Person. Satan spricht mit der Stimme eines Kindes, mit einer Unschuld, die untypisch für jüdischchristliche Lehren ist - der Dualismus liegt hier nicht mehr zwischen Gut und Böse. Die Stimme einer älteren Frau steht in krassem Gegensatz zu der des Kindes. Sie umgibt eine schillernde Aura von Verfall und Wiedergeburt, von Tod und Leben. Die dritte Stimme, die eines Mannes, distanziert und charakteristisch für einen Archäologen, der die Stücke eines Puzzles zusammensetzt, schockiert am meisten. 'Dirt Site' endet mit dem langsamen Auslaufen des Ventilators. Ein Eindruck 'vergangener Zeit' bleibt haften, nicht der eines 'zurückgelegten Weges': ein Gefühl ähnlich dem des Aufwachens.
James Minnis
Zusätzlich zu den aufgelisteten Bändern wird Alexander Hahn Auszüge aus aktuellen Arbeiten vorführen, mehrere works in progress. Diese kurzen, vorgefertigten Sequenzen bilden die Bausteine für kommende Videotapes und Installationen, die um die Projekte Die Große Kunst des Licht und Schattens sowie das Kircher Itinerary kreisen. Gleichzeitig spiegeln sie die aktuelle Tendenz in Hahns Arbeit wider, die zur Reduktion in den Mitteln der Bildbearbeitung neigt. Dies bedeutet eine größere Autonomie von ökonomischen und technischen Produktionsbedingungen, als auch eine Herausforderung an die eigene Kreativität, um seine Vorstellungen unter diesen selbstgewählten Limits zu realisieren.