the outrage
the outrage
Produktion und Regie: Marc Karlin. Eine Lusia Film Produktion für BBC Television in Zusammenarbeit mit llluminations; 55 Min., 1995.
Marc Karlins komplexer und poetischer Film beschäftigt sich mit den abstrakten Bildern des amerikanischen Künstlers Cy Twombly. In radikalem Widerspruch zur traditionellen, britischen Form der Kunstdokumentation ist Twombly selbst nicht zu sehen und auch seine Biographie bleibt unerwähnt. Stattdessen schickt Karlin eine Figur namens „M" zornig bewegt von einer Begegnung mit einem Bild des Künstlers auf eine metaphorische Reise.
„M" ist nur undeutlich von hinten zu sehen. Ein unbekann ter Mann mit Hut, der im heutigen London seinen Geschäf ten nachgeht. Seine Geschichte wird von einem Freund als Off-Kommentar erzählt, der kürzlich einen Brief von ihm erhalten hat. Im Verlauf seiner Reise nimmt „M" die Gestalt eines Löwen, eines Kamels und zum Schluß die eines Kindes an. Er befragt seine Vorstellung zur Geschichte und Bedeutung von Malerei, sein Verständnis der Symbolik moderner Kunst und Werbung und die Möglichkeit neuer Sichtweisen.
Karlin nimmt einfache Elemente, Augenblicke aus „M"s Leben, ein imaginäres Museum voll mit Meisterwerken westlicher Kunst, Aussagen von Zeugen wie dem Kurator Norman Rosenthal, dem Kritiker Richard Cork und dem Künstler Michael Craig-Martin, und natürlich die feinfühli gen, mysteriösen, manchmal kindlichen Bilder des Cy Twombly, und schafft damit ein intensives Werk. „Dies ist nur einer der vielen Filme, die Cy Twomblys Arbeit zeigen könnten," hat Marc Karlin geschrieben.
„Das Anliegen des Films ist es, den Zuschauer neugierig auf die Arbeiten von Cy Twombly zu machen und eben keine interpretierende Aufzählung seiner Werke zu geben." An dere Filme von Marc Karlin handeln von Utopien, Erinnerungen an die Geschichte und von der sandinistischen Re volution in Nicaragua. Kompromißlos in seiner analytischen Schärfe, erinnert dieser Film an die Arbeiten von Chris Marker und ist dabei äußerst einnehmend. Die Ausstrahlung zur besten Sendezeit, am Samstagabend im November 1995, zeigt, daß ambitionierte, kreative Dokumentationen immer noch ihren Platz im britischen Fernsehen haben.