Workshop CD-ROM

Workshop CD-ROM

Date: 
30.05.1997 14:00
Edition: 
1997
Format: 
Workshop
Location: 
Podewil

AON oder Der Um­ gang mit der Zeit Frank Krugmann. ÄON oder auch AION ist der griechisch­
lateinische Ausdruck für den Welten­
gang. Gleichzeitig kann derselbe Be­
griff auch als Ewigkeit verstanden wer­
den. So gesehen ist ÄON ein Symbol für das Ende der Zeit. So wie die Sterblich­ keit des Menschen der Zeit Gewicht verleiht, so verschwindet mit dem Blick in die Ewigkeit gleichsam die Möglich­ keit, Zeit auch nur zu denken.
Die Geburt hinter sich und den Tod vor Augen zerrinnt dem Menschen die Zeit zwischen den Händen. Was auch immer er tut: es kostet Zeit und bringt ihn sei­ nem Ende näher.
ÄON erlaubt im Spiel die Umkeh­ rung des Vorgangs: der Anwender sammelt Zeit, statt sie unaufhalt­ sam zu verlieren. Das zwangsläu­ fige Voranschreiten des Welten­ gangs wird unterbrochen und neuen Regeln unterworfen.
Die Zeit erscheint in Form kleiner Kugeln, die der Anwender nach eigenem Belieben sammeln, ver­ werten oder gar verschwenden
kann. Es kommt allerdings vor,
daß er sich von einem Teil seines Zeitreservoirs trennen muß, da er sonst unvermeidlich aus der Applikation her- auskatapuliert wird und wieder ganz von vorne beginnen muß. Zusätzlich gibt es Nischen, in denen die Zeit ein­ fach stillsteht - und zwar ewig.
Einmal gestartet, kann ÄON endlos ge­ spielt werden. Der User erhält auch an keiner Stelle eine Auswertung seiner Leistung. Die Struktur von ÄON ist vergleichbar
mit der eines Schwarzen Lochs. Im Zen­
trum befindet sich die Energie
(Hauptauswahl). Sie sorgt dafür, daß
das ganze System weder in sich zusam­
menstürzt, noch die Grenzen des Ereig­
nishorizontes überschritten werden und der User unwiederbringlich verloren geht.
Um das Zentrum herum verteilt befin­ den sich die Photonen (Ereigniswelten), die ihrerseits wiederum derart komplex sind, daß sie ganz eigene Universen bil­ den.
Man wird in der Hauptauswahl perma­ nent mit Fragmenten aus den einzelnen Welten konfrontiert, und es wird ir­ gendwann unumgänglich, auf sie zu reagieren. Bei jeder Reaktion geht der User erneut ein Wagnis ein, da er nicht weiS, ob er das Gleichgewicht des Systems gefährdet. Bei ÄON endet jeder Versuch sich aus dem Zentrum des Systems zu entfernen scheinbar wieder dort, wo er auch be­ gonnen hat. In Wirklichkeit hat man je­ doch einen Daseinszustand verlassen, und genießt den Einblick in die Umge­ bung eines neuen, der mit der bekann­ ten Umgebung nicht identisch ist.

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