The Ghosts in the Machine
13.01.2012
13.01.2012
The Ghosts in the Machine
Das Performance-Programm anlässlich des Jubiläums der transmediale reflektiert das Verhältnis zwischen „alten“ und „neuen“ Medien und verknüpft so Geschichte und Gegenwart des Festivals. Es untersucht die Kompatibilität und Inkompatibilität von analogen und digitalen Medien vor dem Hintergrund der McLuhanschen Thesen, dass „kein Medium Sinn und Sein aus sich allein hat, sondern immer nur in der Wechselwirkung mit anderen Medien“ und erst die neueren Medien die Spezifika der älteren klar hervortreten lassen.[1] In diesem Rahmen wird eine Auswahl an Arbeiten gezeigt, die mit einem medienarchäologischen Zugang auf die Materialität der Medien selbst „lauschen“ und digitale Instrumente gewissermaßen als „Abhörgeräte“ für die analogen Medien einsetzen. In einer Reihe von analog-digitalen audiovisuellen Performances werden die den jeweiligen Medien innewohnenden Eigenschaften herausgekitzelt und die „Geister aus der Maschine“ hervorgelockt.
Dieses Vorgehen verweist zugleich auf Konzepte wie Derridas „Hauntology“, das die Menschheit am Anfang des 21. Jahrhunderts als von den „Geistern der Vergangenheit“ verfolgt beschrieb und von britischen Pop-Theoretikern wie Mark Fisher oder Simon Reynolds auf Phänomene der Popmusik übertragen wurde, in denen historische Klänge wie das Knistern von Schallplatten zum elementaren Klangelement erhoben werden. Dabei geht es allerdings nicht um ein nostalgisches Hinterhertrauern nach einer „besseren Vergangenheit“, sondern, wie es der Journalist Olaf Karnik formulierte, um eine Auseinandersetzung mit „Erinnerung und dem Verlust von Zukunft“, um eine „Neu-Kontextualisierung von Vergessenem und Verdrängtem“. Denn häufig, so Karnik, „sind in alten Sounds Zukunftsentwürfe enthalten, die nie realisiert wurden, und Horrorvisionen, die nicht eingetreten sind“ und die, wieder „an die Oberfläche gespült, neu zur Disposition gestellt“ werden.[2]
Diese Befragung der Historie ist dabei nicht auf Popmusik beschränkt, sondern findet sich in vergleichbarer Weise in der Medienkunst wieder. Auch hier werden ausrangierte Gerätschaften und Datenträger aus den Abstellkammern geholt, im Zusammenschluss mit digitalen Medien deren ureigene Wesenheiten herausgearbeitet, neue Bedeutungsebenen freigelegt oder auch uneingelöste Versprechungen und vergessene Träume ans Tageslicht gebracht.
Programm
1. Joshua Light Show
Im Zentrum des Performance-Programms steht die legendäre Joshua Light Show, die in den 1960er Jahren im New Yorker Club Filmore East gemeinsam mit Janis Joplin, Jimi Hendrix und The Doors auftraten. Damals arbeiteten sie mit einem ganzen Arsenal von Film-, Overhead- und Diaprojektoren, Farbrädern und verschiedenen Licht produzierenden und reflektierenden Objekten. Nach einer längeren Pause tritt der Gründer Joshua White heute in einem Setting auf, das moderne digitale Projektionstechniken mit analogen verbindet. Im Rahmen der transmediale wird eine Reihe von Kooperationen mit Musikern initiiert, die ihrerseits analoge und digitale Klangerzeugung zueinander in Beziehung setzen, darunter Vertreter des oben erwähnten Hauntology Pop.
2. Weitere Acts:
Außerdem entwickelt die österreichische Video (feedback)-Künstlerin und Musikerin Billy Roisz für die transmediale 2012 mit den Musikern dieb13 und Mario de Vega eine neue Performance mit dem Titel ideomotoric chatroom. Die Künstler beziehen sich dabei auf den ideomotorischen Effekt, der das Phänomen beschreibt, dass die Vorstellung einer bestimmten Bewegung einen Impuls zur Ausführung eben dieser Aktion auslöst und damit an Erscheinungen wie das Gläserrücken erinnert – demnach agieren Künstler und Maschinen in dieser Performance wie von Geisterhand bewegt und die inneren Zusammenhänge der reflexartigen, unbewussten Interaktion zwischen Klang- und Bildsignalen werden durch eine sich überlagernde Dreifach-Projektion auf einer Leinwand sichtbar gemacht. Wolfgang Spahn und Martin Howses Geräusch- und Licht-Performance Liquid State Machine wiederum verbindet hingegen chemische, biologische und physikalische Prozesse in einer komplexen Maschinerie, die ein kontinuierliches Raum- Klang-Kontinuum generiert. In der simultanen Vereinigung und Trennung von Howses Noise-Maschinen und Spahns digitalen/analogen Projektoren entsteht ein Universum sich permanent verändernder organischer Strukturen in Form von fließenden kaleidoskopartigen Bildern und hypnotisierenden Klängen, die eine starke Sogwirkung erzeugen.
Mit Performances u.a. von der Joshua Light Show, Billy Roisz, dieb13 und Mario de Vega, Flora Könemann, Valerio Tricoli, Wolfgang Spahn, Martin Howse.
Rosa Menkman: The Glitch Moment(um) > t.b.c.
[1] Marshall McLuhan: Die magischen Kanäle. Understanding Media. (2. erw. Aufl.). Düsseldorf/Wien: Verlag der Kunst., 1995a/1964, S.51
[2]Olaf Karnik: Geister der Vergangenheit. Das Konzept der «Hauntology» und die britische Elektro-Musik der Gegenwart, NZZ, 11.02.2011. www.nzz.ch/nachrichten/kultur/pop_und_jazz/geister_der_vergangenheit_1.9464827.html
[2]Olaf Karnik: Geister der Vergangenheit. Das Konzept der «Hauntology» und die britische Elektro-Musik der Gegenwart, NZZ, 11.02.2011. www.nzz.ch/nachrichten/kultur/pop_und_jazz/geister_der_vergangenheit_1.9464827.html
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